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Herbert Gentzsch

(1909- 1989)

Maler, Zeichner, Kunsterzieher


Eine Ausstellung des Ostfriesieschen Teemuseums in Kooperation mit dem Kunstverein Norden

Ausstellung: 17.Dezember 2011- 11.März 2012 - Ostfriesisches Teemuseum Norden 


Öffnungszeiten:

in den Wintermonaten: Mittwoch und Samstag 11-16 Uhr
im März und April: Dienstag bis Sonntag 11 - 16 Uhr

Eröffnung: Mittwoch, den 14.Dezember um 17.00 Uhr im Ostfriesischen Teemuseum Norden

Begrüßung: Dr. Matthias Stenger, Ostfriesisches Teemuseum

Einführung: Gero Conring, Kunstverein Norden



Die Ausstellung zeigt Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen aus dem Nachlass des Künstlers,
der sich im Besitz des Kunstvereins Norden befindet. Daneben sind Leihgaben aus Privatbesitz
zu sehen.

Gut vier Jahrzehnte, von 1948 bis zu seinem Tod 1989, lebte der aus dem Vogtland stammenden
Herbert Gentzsch in Ostfriesland, lange genug, um von den Menschen des Norderlandes als einer ihrer Künstler betrachtet zu werden. Kunstinteressierte und seine ehemaligen Schüler der Inselschule auf Juist und der Realschule Norden haben eine lebendige Erinnerung an ihn.


Erinnerungen an Herbert Gentzsch - aufgezeichnet von Gero Conring:

Theodor Rewerts, Norden am 8.12.2011: Herbert Gentzsch war ein sensibler und feiner Mensch, ein Ästhet durch und durch. Das Körperliche und die äußere Erscheinung waren ihm sehr wichtig, wahrscheinlich auch ein Grund, weswegen er im Stadium des Verfalls vor seinem Tode keine Menschen mehr empfangen mochte. Er umgab sich mit wertvollen Teppichen, Büchern, mit seiner Malerei. Er war neben der Malerei auch ein sehr musischer Mensch. In seiner Wohnung stand ein Flügel, den er sehr wohl zu spielen wusste. Zur Hochzeit hat er mir und meiner Frau ein Aquarell geschenkt mit der Bemerkung: „Es sollte eine Morgenstimmung werden – es ist aber eine Abendstimmung geworden.“ Von Juist kommend war er Kollege an der Realschule in Norden. Unter den ca. 50 Kollegen war er allerdings nur mit zwei oder drei Kollegen befreundet, wovon ich einer sein durfte. Er hat Sagenhaftes im Bereich der Kunst aus den Schülern herausgeholt. Er wusste, wo er bei den Schülern im Bereich der Kunst anzusetzen hatte. Man kann von einer Wechselwirkung zwischen Schülern und Lehrer sprechen. Das Aquarell hatte in seinem Unterricht eine herausragende Stellung. Wenn man sich die Arbeiten anschaute, hatte man das Gefühl, dass aus all diesen Schülern Künstler hätten werden können. Der seinerzeitige Schulleiter Neubacher hat die Schülerarbeiten im Gebäude präsentiert, eine angemessene Wertschätzung der Arbeit von Herbert Gentzsch, wie ich meine. Gentzsch wohnte in Norden im Hof Constapel in der Alleestraße, in den Ferien ist er oft in den Süden gefahren. Ich habe ihn als konsequenten Menschen kennengelernt, der es nicht brauchte, viele Menschen einzuladen, die die Pracht seiner künstlerischen Werke erleben sollten. Er hat nie von sich aus ausgestellt. Dass Gentzsch einer größeren Öffentlichkeit bekannt wurde, ist einzig Hildegard Peters mit dem Kunstkreis zu verdanken. 

Günter Kröger am 11.12.2011: Kennengelernt habe ich Herbert Gentzsch im Tennisclub. Ich erinnere mich noch sehr gut an seine Art Tennis zu spielen. Er spielte Tennis so sensibel, so sensibel wie er Aquarelle malte. Wir haben mit Frau Stegmann, Frau Imhoff und Frau Schlag herrliche Kaffee-Nachmittage bei ihm in der Alleestraße verbracht, an denen er uns seine Kunst vorgestellt hat. Bescheiden zelebrierte er die Vorstellung seiner neuesten Arbeiten – allerdings immer erst nach Aufforderung. Er hat nie ausgestellt, er hat sich eher gewehrt, seine Werke der Öffentlichkeit zu präsentieren. Herbert Gentzsch war sehr bescheiden. Er hat nie Bilder verkauft – er hat sie eigentlich nur verschenkt.

Godula und Karl-Theodor Schreitling, Heikendorf am 12.12.2011: Ende der Fünfziger, Anfang der sechziger Jahre waren wir Kollegen an der Inselschule von Juist. Gentzsch war ein besonderer Mensch, etwas kritisch könnte man sagen: er war mimosenhaft – aber ein empfindsamer Künstler, der er war, muss wohl so sein. Er konnte phantastisch auf Schüler eingehen. Er vermittelte die Kunst bei einem gewählten Thema mit verschiedensten Möglichkeiten der Umsetzung. Wir schätzten sehr die Vielseitigkeit seines pädagogischen und künstlerischen Tuns.

Godula Schreitling: Ich persönlich hätte als Schülerin gerne einen Zeichenunterricht, wie ihn Gentzsch erteilt hat, gehabt. Gentzsch hat Kunstunterricht nicht nur handwerklich gesehen, das Seelische war ihm sehr wichtig. Er war ein kreativer und ideenreicher Lehrer und Mensch.

Renate Nieter am 8.11.2011: Herbert Gentzsch war der Musik sehr zugetan. Er hat seinerzeit bei uns im Weberhof auf Juist in verschiedenen Gruppen musiziert. Er besaß außerdem ein Cello, ein Spinett, Flöten und später in Norden einen Flügel. Wenn wir ihn in Norden besuchten, musste ich auf dem Flügel spielen. Er war unseren Kindern ein guter Onkel. Manchmal brachte er begeistert Schülerarbeiten mit: „Schauen Sie sich das an, was die Schüler geleistet haben.“ Er hat alles getan für seine Schüler. 

Auf Juist musste er als Lehrer neben dem Fach Kunst die von ihm wenig geliebten Fächer Deutsch und Französisch unterrichten. Bei den Lehrerkollegen hatte er einen schweren Stand. Ein Grund mögen seine unkonventionellen Unterrichtsmethoden gewesen sein: Während der Arbeitsphasen im Kunstunterricht spielte er den Kindern klassische Musik oder auch Jazz-Musik zur Inspiration vor. 

Das Mosaik „Petri Fischzug“ für die Inselkirche, welches er über mehrere Jahre mit Schülern erstellt hat, war eine große Tat, wirklich enorm. Kleine Mosaikscheiben aus Glasabfällen hergestellt, selber eingefärbt, wurden zu einem großen Kunstwerk zusammengestellt. Aus eigener Tasche hat er Farben, teils Blattgold zum Vergolden gezahlt. Herbert Gentzsch hatte man einen Brennofen für den Kunstunterricht in Aussicht gestellt. Die Schulleitung der Inselschule hat der Kirchengemeinde Juist das Mosaik dann allerdings ohne Absprache mit ihm vermacht. Aus dem Töpferofen wurde nichts. Verbittert hat Herbert Gentzsch 1966 die Insel verlassen in Richtung Norden. An der Realschule durfte er in seinem Fach Kunst aufgehen, er hatte meiner Ansicht nach eine glückliche Zeit dort. Getragen war er von der Begeisterung für die künstlerische Arbeit mit seinen Schülern.

Nele Schmidt am 11.12.2011: Auf der Inselschule Juist hatte ich Unterricht bei Herbert Gentzsch. Ich habe ihn überwiegend abgelehnt, zuoberst in dem Fach Französisch, abgeschwächt aber auch in Deutsch. Kunst hat allerdings Spaß gemacht. Er hatte viele Ideen, was im Kunstunterricht gemacht werden könnte, so haben wir nach Musik gemalt. Anfangs waren wir noch uneinsichtig, aber er konnte uns seine Unterrichtsmethode plausibel machen. So haben wir nach Ravel „Bilder einer Ausstellung“ bei hohen Tönen in hellen Farben und bei tiefen Tönen in dunklen Tönen malen sollen.

Annemarie Conring, Norden am 8.11.2011: Gentzsch war ein Ästhet, er hasste das Spießige, das Kleinbürgerliche. 

Anfang der 80er Jahre kam es zu einem Treffen ehemaliger Lehrer auf Juist (Wichtrup, Schreitling, Stahn, Folkerts, Conring): Ich sollte für die Gruppe bei erschwinglichem Preis ein Bild für eine Kollegin als Geschenk kaufen. Auf Nachfrage antwortete Herbert Gentzsch: „Das geht nicht – meine Bilder sind unbezahlbar – aber ---- ich schenke ihnen eins!“ Ein Beispiel für seinen Humor und eine Großzügigkeit. 

In den 60iger Jahren waren wir mit anderen Kollegen bei Gentzsch zum Konzert in seine kleine Wohnung in der Inselschule geladen. Klassische Musik wurde gegeben – Herbert besaß eine herrliche Sammlung von Schallplatten mit klassischer Musik. Wir besaßen zu jener Zeit nur ein kleines Radio und Fernseher gab es kaum zu jener Zeit auf der Insel. So traf man sich und hörte beispielsweise gemeinsam Musik. Er selber hatte kleine, erlesene Kanapees hergestellt für die geladene Runde. Zu diesem Zeitpunkt wusste keiner der Anwesenden, dass er aus einem Bäcker-Elternhaus stammte. „Da haben wir uns schon sehr gewundert, dass er über derartige Fertigkeiten verfügte.“ 

Ende der 50iger, Anfang der 60iger Jahre waren die Wohnverhältnisse für neu eingestellte Junglehrer auf der Insel mehr als bescheiden: Gentzsch wohnte anfänglich in einem kleinen Zimmer im Zollhaus im Ostdorf. Später ist er umgezogen in eine fast ebenso bescheidene Wohnung unter dem Dach der Inselschule. 

Herbert Gentzsch war ein sportlicher Mensch, der sehr viel Wert legte auf sein Erscheinungsbild. Bei seinem letzten Besuch bei uns in der Jahnstraße hier in Norden war er schon etwas gehbehindert. Ihm fiel das Treppensteigen beim Abschied sichtlich schwer. Mein Mann und ich hielten uns zurück und griffen ihm nicht unter die Arme. Gentzsch war selbst für uns alte Kollegen immer noch bis zu einem gewissen Grad unnahbar, distanziert. Er ließ nur wenige Menschen an sich heran. 

Gentzsch wollte immer, dass seine Bilder nach seinem Tod den Lebensepochen entsprechend nach Falkenhein, Meuselwitz, Juist und nach Norden in die Heimatmuseen bzw. in das Kunsthaus gegeben würden, was dank Hildegard Peters auch geschehen ist. 

Gentzsch ist auf Juist beerdigt, auf dem Friedhof bei der Inselkirche.